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Neonazi-Konzert im Jugendclub: Stadt Langewiesen zieht unzureichende Konsequenzen

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Nachdem ein Neonazi-Konzert im Jugendclub in Langewiesen (Thüringen) nach Recherchen von sechel.it aufgeflogen ist, reagierte nun der Bürgermeister auf die Veranstaltung. Anstatt den Auftritt der Neonazis zu verurteilen und effektive Handlungsstrategien zu entwickeln, versucht er nun zu beschwichtigen.

Relativierend und verharmlosend sind wohl die treffenden Beschreibungen, wenn man die Aussagen des Langewiesener Bürgermeisters Horst Brandt (SPD) in der am Donnerstag erschienen Zeitung Freies Wort liest. Der hatte sich knapp eine Woche nach Bekanntwerden der rechten Veranstaltung dazu geäußert. Er registriere für ein Konzert, „dass so richtig eigentlich niemand mitbekommen hat“ ziemlich viel Aufmerksamkeit, sagte er der regionalen Tageszeitung. Was klingt wie: „Wegen so einer Lappalie wird hier jetzt so ein Fass aufgemacht?“ ist für die südthüringische Kleinstadt nichts neues.

Bagatellisieren mit Tradition

Nach in der Vergangenheit mehrfach stattgefundenen Übergriffen und Anschlägen auf einen alternativen und selbstverwalteten Treffpunkt in Langewiesen wurden diese zumeist als „pubertierende Jugendgewalt“ abgetan. Anstatt die bedrohliche Situation ernst zu nehmen, lies Brandt gegenüber der Thüringer Allgemeinen verlauten, dass es Rufmord sei, wenn man behaupte, Neonazis würden junge linke Jugendliche bedrohen. Jegliche Neonaziaktivitäten werden bis heute durch die Stadtverantwortlichen – mit Ausnahme von Mitgliedern der Partei Die Linke – geleugnet.

Infolge dessen organisierten Betroffene und Unterstützer*innen ein „Bürgerfest für Zivilcourage“ und eine antifaschistische Demonstration. Wenn es nach dem Willen des Bürgermeisters gegangen wäre, hätte das Fest nicht auf dem zentralen Marktplatz stattgefunden, sondern abseits in einem örtlichen Gewerbegebiet. Des Weiteren wurde damals behauptet, die Demonstration am 21. Juni 2008 würde für Randale und Sachschäden sorgen. Letztendlich verlief die mit über 200 Teilnehmer*innen jedoch absolut friedlich.

Eine unwürdige Reaktion

Die Stadt selbst wurde bei der Vermietung des Jugendclubs nicht informiert, da er sich in der Trägerschaft des Arnstädter Bildungswerkes (ABW) befindet, sagt zumindest Bürgermeister Brandt. Dem widerspricht die Jugendpflegerin Lysanne Gohritz. Sie habe die Anfrage zur Vermietung entgegen genommen und an die Stadt Langewiesen zur Kenntnisnahme weitergeleitet. Eine Rückantwort habe sie nicht bekommen. Erst auf Nachfrage von Anke Hofmann-Domke (Die Linke) hat man beim ABW vom Konzert erfahren. Die Folge des stattgefundenen Neonazi-Konzerts ist nun, dass im Jugendclub vorerst keine privaten Veranstaltungen mehr stattfinden sollen. Außerdem ist geplant, dass die Mitarbeiter*innen in den zu vermietbaren Einrichtungen in naher Zukunft ein Seminar zur „Sensibilisierung vor Abschluss von Mietverträgen bei privater Nutzung“ absolvieren sollen. Grundsätzlich sollen die Räumlichkeiten für private Nutzungen nicht verboten werden. Der Hintergrund ist, dass bei der Anmietung durch eine Frau offenbar falsche Angaben gemacht wurden. Dass die Reaktion allerdings am Problem – der sich im Ort sicher fühlenden Neonaziszene – vorbei geht, wird bei dieser unzureichenden Konsequenz um so offensichtlicher. Wieder einmal wird eine erstarkte Neonaziszene, die regelmäßig beim Neonazi Tommy Frenck in Kloster-Veßra zu Gast ist, verharmlost. Lediglich eine Aufklärungsveranstaltung, welche von Gohritz initiiert werden soll, ist im Jugendclub geplant. Dass die Stadt keinerlei Anstrengungen unternimmt, sich mit der Problematik der neonazistischen Szene auseinander zu setzen und auch nicht versucht Handlungsstrategien dagegen zu entwickeln, wird das Problem in Zukunft weiter verschärfen.


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